25.11.2014
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Schweigen schützt die Täter

Schüler der Fachakademie für Sozialpädagogik gestalten Aktionstag „Nein zu Gewalt an Frauen “ in der evangelischen Stadtpfarrkirche St. Matthäus

Über vielfältige Erfahrungen von Gewalt und den Umgang damit haben sich die Schüler der Fachakademie für Sozialpädagogik in Passau anlässlich des internationalen Aktionstags „Nein zu Gewalt an Frauen“ auseinandergesetzt. Bei einem ökumenischen Abendgebet in der Stadtpfarrkirche St. Matthäus riefen sie auf, das Schweigen darüber zu brechen.

„Wir haben im Religionsunterricht darüber geredet“, erzählten Simone Rasch, Eva-Maria Stefan und Katrin Kaufmann. Sie erfuhren, an wen man sich bei Problemen wenden kann und besuchten einen Informationsstand des Vereins „Solwodi“, der Frauen, die Gewalt erfahren, zur Seite steht. Er unterhält in Passau eine Schutzwohnung, um Betroffenen Unterschlupf zu gewähren und ihnen zu helfen, ein selbstbestimmtes Leben zu führen.

Im Unterricht werde zudem immer wieder für Kinder sensibilisiert, die Gewalt erfahren, sagte Mitschüler Florian Erntl. Er fand das Thema des Aktionstags hochaktuell. „Man soll nicht wegschauen und sich für Betroffene einsetzen, weil die Dunkelziffer hoch ist und eventuell auch im eigenen Umfeld etwas passiert“, sagte der angehende Erzieher.

Die jungen Leute zeigten bei der Andacht in St. Matthäus anhand eindrücklicher Beispiele auf, wie unterschiedlich Gewalterfahrungen sein können und welche „Narben in der Seele“ sie hinterlassen. „Als Christen sind wir aufgefordert, uns in unserem Umfeld mit Problemen auseinanderzusetzen, hinzusehen, Unrecht zur Sprache zu bringen und uns gemeinsam einzusetzen, um zu helfen, miteinander zu beten“, sagte Pfarrerin Ulrike Häberlein. „Jeder Mensch braucht einen Menschen, der ihm zuhört und vertraut“, sangen Steffi und Christl Rösch.

Hildegard Weileder-Wurm vom Referat Frauen der Diözese erinnerte an die alltägliche Gewalt in Krisengebieten, an die Gräueltaten der Isis, aber auch an Gewalt, die hierzulande geschieht, zum Beispiel in der Familie, wenn Streit entsteht und jemand handgreiflich wird. In ihrer Predigt erläuterte sie die biblische Geschichte der Tamar, die von ihrem Halbbruder Amnon vergewaltigt wird. Nicht über Gewalterfahrungen reden zu können, löse bei den Betroffenen neue Leiden aus, sagte die Frauenseelsorgerin. Um Heilung zu erfahren, müssten sie über die erfahrenen Verletzungen reden können. Das Schweigegebot schütze die Täter. Die biblische Geschichte von Tamar sei eine Einladung, nicht länger stillzuhalten, wenn Unrecht und Gewalt geschehen. Sie ermutigte, hinzuschauen und zuzuhören, wenn jemand das Schweigen darüber bricht. Es könne ein Beitrag der Kirchen sein, Räume dafür zu öffnen. 

Die Schüler der Fachakademie brachten die Tränen von Frauen und Männern, die zum Beispiel vergewaltigt und geschlagen werden oder in ihrer Kindheit Gewalt erlitten haben sowie durch falsche Versprechungen zu Zwangsprostitution gezwungen werden, vor den Altar, indem sie symbolisch Perlen in einen Krug legten. Ein künftiger Erzieher gedachte der Männer, „die unter ihrer Gewalttätigkeit leiden und nicht wissen, wie sich aus ihrer Verstrickung lösen können“. Sie regten an, über eigene körperliche und seelische Verletzungen nachzudenken. Auch alle Teilnehmer kamen nach vorne, um mit Perlen den Krug zu füllen. Heidrun Pohmann von der Evangelischen Frauenarbeit im Dekant Passau trug Fürbitten dazu vor. Auch katholischer Frauenbund, die Gleichstellungsbeauftragten von Stadt und Landkreis, Amnesty international, pro familia und Frauenhaus beteiligten sich.

Text und Foto: Theresia Wildfeuer

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